Compliance im Umbruch: Warum Versicherungsunternehmen jetzt strategisch aufrüsten müssen
Die Compliance-Landschaft für Versicherungsunternehmen befindet sich im Umbruch – und zwar tiefgreifender, als viele auf den ersten Blick erkennen. Neue Anforderungen durch BaFin, EU-Verordnungen wie DORA, der EU Artificial Intelligence (EU AI Act) und ESG-Regularien führen dazu, dass klassische „schlanke“ Compliance-Strukturen zunehmend an ihre Grenzen stoßen. Gleichzeitig nehmen externe aufsichtsrechtliche Prüfungen zu – teils mit drastischen Folgen für Organisation und Geschäftsführung.
Was heißt das konkret für Versicherungsunternehmen? Sie müssen ihre Compliance-Funktion nicht nur regulatorisch fit halten, sondern strategisch neu denken. Dieser Beitrag zeigt, worauf es jetzt ankommt – und warum die richtigen Strukturen nicht nur Risiken minimieren, sondern einen echten Wettbewerbsvorteil sichern können.
1. Der regulatorische Druck steigt – in der Fläche und in der Tiefe
Versicherer stehen heute vor einer regulatorischen Mehrfachbelastung: MaGo-Novelle, DORA, EU-Anti-Geldwäschepaket, EU AI Act, ESG-Reporting, verschärfte Produktregeln und verstärkte BaFin-Prüfungen. Inzwischen ist nicht mehr nur der Inhalt der Anforderungen entscheidend – sondern auch deren Tempo und Vielfalt.
Das macht Compliance zu einer Querschnittsaufgabe auf Vorstandsebene. Die Aufsicht verlangt nicht nur formale Strukturen, sondern auch inhaltliche Substanz, etwa bei Risikoanalysen, Sanktionslistenprüfungen oder der nachhaltigen Integration von ESG-Faktoren. Gerade in kleinen und mittleren Häusern führt das häufig zu strukturellem Anpassungsdruck.
2. Best Practices: Was erfolgreiche Versicherer jetzt tun
Wie kann man dem steigenden Druck begegnen, ohne Compliance zu einer reinen Kostenstelle zu machen? Der Aufsatz skizziert einige bewährte Ansätze, die sich zunehmend im Markt durchsetzen:
- Standardisierte Risikoanalyse und Reporting: Eine strukturierte Compliance-Risikomethodik – wie sie im Bankensektor längst etabliert ist – wird auch für Versicherer zur Pflicht. Sie bildet die Grundlage für Priorisierung, Monitoring und Prüfungsresilienz.
- ESG und AI intelligent integrieren: ESG-Risiken und KI-Einsatz (z. B. bei Underwriting oder Schadenregulierung) müssen regulatorisch abgesichert werden. Wer frühzeitig Governance-Prozesse dafür etabliert, verschafft sich Effizienz und Kostenvorteile.
- Compliance-Advisory-Strukturen: Dezentrale Ansprechpartner in den Geschäftseinheiten, gesteuert durch eine starke zentrale Compliance, sorgen für Nähe zum Geschäft – und für eine konsistente nachhaltige Umsetzung.
- Anti-Financial-Crime-Einheiten (AFC): Versicherer adaptieren zunehmend das Modell spezialisierter Einheiten zur Bekämpfung von Geldwäsche, Betrug und Sanktionsverstößen. Der organisatorische Mehrwert zeigt sich spätestens bei Sonderprüfungen.
- Digitalisierung und Automatisierung: Tools für Sanktionsscreening, Transaktionsüberwachung oder digitale Risikoanalysen senken Fehlerquoten und erhöhen die Effizienz – und sind mittelfristig unverzichtbar.
3. Compliance ist mehr als Regelerfüllung – sie wird zum strategischen Faktor
Wer Compliance nur als Pflichterfüllung sieht, verpasst eine Chance. Denn: Effektive Compliance-Strukturen verbessern nicht nur die Prüfungsfestigkeit, sondern erhöhen auch die Agilität des Unternehmens in einem hochregulierten, sich wandelnden Umfeld. Die Verzahnung mit Unternehmensstrategie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit ist dabei kein „nice to have“, sondern entscheidend für die Zukunftsfähigkeit.
Besonders relevant ist dieser Transformationsprozess auch für Fach- und Führungskräfte: Die Anforderungen an Qualifikation, digitale Kompetenz und regulatorisches Verständnis steigen kontinuierlich. Es braucht Aus- und Weiterbildung auf Augenhöhe – interdisziplinär, praxisnah und zukunftsorientiert.
4. Fazit: Neue Zeit, neue Antworten
Die regulatorischen Anforderungen an Versicherungsunternehmen sind kein vorübergehender Trend, sondern der neue Normalzustand. Nur wer strategisch investiert – in Strukturen, Technologie und Know-how – kann bestehen. Der Umbau der Compliance-Funktion ist kein Selbstzweck, sondern ein zentraler Hebel für Resilienz, Reputation und Wettbewerbsfähigkeit.
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